Die Reaktorkatastrophe in Fukushima vor fünf Jahren hat die Energiewende in Deutschland noch einmal deutlich beschleunigt. Die Bilder aus dem havarierten Atomkraftwerk sorgten binnen wenigen Tagen dafür, dass Politik und Gesellschaft das Restrisiko der Kernenergie als nicht mehr tragbar einstuften. Der Umbau der Energiewirtschaft begann allerdings schon Jahre zuvor mit der Liberalisierung, dem rot-grünen Atomausstieg und der staatlichen Förderung von erneuerbaren Energien.
Wir brauchen noch mehr erneuerbare Energien
Nun, im Jahr 2016, befinden wir uns auf dem Sprung zur nächsten Dimension der Energiewende. Zwei Dinge wirken hier abermals als Beschleuniger. Allen voran ist dies die Digitalisierung, die auch in der Energiebranche so einige Geschäftsmodelle auf den Kopf stellt. Disruption ist hier das viel zitierte Stichwort. Aber auch die erfolgreiche Klimakonferenz von Paris sorgt für Dynamik, denn nun ist ein für alle Mal klar: Industrieländer wie Deutschland müssen den CO2-Ausstoß in den kommenden 30 Jahren drastisch senken. Die gesamte Energieversorgung muss sich dekarbonisieren, fossile Energieträger nach und nach aus dem Energiemix verschwinden. Das bedeutet nicht nur Strom, sondern auch Wärme und Mobilität werden zur Jahrhundertmitte ganz überwiegend auf Wind- oder Solarenergie beruhen, es beginnt ein elektrisches Zeitalter. Das bedeutet auch: Wir brauchen in Zukunft noch mehr erneuerbare Energien.
Wie wird diese Energiewelt der Zukunft aussehen? Sie wird geprägt sein von vielen Millionen dezentralen Erzeugungsanlagen und Speichern, die miteinander und mit den Verbrauchern vernetzt sind. Energiemengen werden dabei in Millisekunden über automatische Signale hin und her geschoben, regional und auch europaweit. Gibt es gerade viel Strom aus Wind und Solaranlagen, werden Batteriespeicher, Wärmepumpen oder Elektroautos geladen, Verbraucher oder Industriebetriebe nutzen Zeiten der Überschüsse mit günstigeren Strompreisen ganz gezielt. Durch das intelligente Zusammenspiel von Erzeugung und Verbrauch bleibt die Versorgung stets gesichert. Entscheidend ist dabei die Vernetzung, die Energiewende ist auch eine IT-Wende.
Der Verbraucher wird Teil der digitalen Energiewelt
Was bedeutet dies nun für die Energieunternehmen? Sie müssen sich ein Stück weit neu erfinden. Denn der Kunde der Zukunft wird ein anderer sein. Er wird seinen Strom in zunehmendem Maße selbst produzieren, zu Hause speichern oder für die Stromheizung oder das Elektroauto verwenden. In Städten werden bereits heute sogenannte smarte Quartiere geplant, mit eigener Energieerzeugung und Speichern.
Welches Geschäft bleibt für den Energielieferanten? Er muss dafür sorgen, dass die Anlagen der Kunden vernetzt sind, dass er sie über Apps steuern kann, dass der Kunde Teil eines wachsenden Internets der Energie wird, ohne sich ständig selbst damit befassen zu müssen. Es geht um die Entwicklung von Software und Hardwarelösungen, um innovative Energie- und Mobilitätsdienstleistungen. Nicht zuletzt sorgen die Energieunternehmen mit ihren Angeboten auch dann für Wärme, Mobilität und Elektrizität, wenn das Wetter nicht mitspielt oder die Anlagen gewartet werden.
Diese neue Energiewirtschaft wird geprägt durch die Zusammenarbeit von neuen und alten Unternehmen – und solchen aus verschiedenen Branchen. Quelle: Robert Busch, Geschäftsführer, Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. in Xing.com